BAD REICHENHALL/NONN – 30 Einsatzkräfte der Bergwachten Bad Reichenhall, Freilassing und Teisendorf-Anger und des Bergwacht-Technikbusses und drei Heli-Besatzungen waren am Freitagabend bis tief in die Nacht hinein über sieben Stunden lang beschäftigt, um einen 37-jährigen Wanderer zu finden und zu retten, der im Abstieg über den Hochstaufen-Jägersteig aufgrund des tiefen Altschnees und der einsetzenden Dunkelheit in Bergnot geraten war. Der Mann aus dem Landkreis Traunstein war zunächst auf dem leichteren Normalweg über die Bartlmahd zum Reichenhaller Haus aufgestiegen und wollte auf dem alpinen Steig über die Steinernen Jager wieder zurück ins Tal, wobei er aufgrund der tiefen Altschneefelder im ausgesetzten Absturz-Gelände und Schmerzen im rechten Knie langsamer als erwartet vorankam, dann befürchtete, dass er ohne fremde Hilfe nicht mehr unfallfrei ins Tal kommt und schließlich in der einsetzenden Dunkelheit in knapp über 1.500 Höhenmetern seine Frau mit WhatsApp-Sprachnachrichten über die für ihn aussichtslose Notlage informierte, die gegen 17.30 Uhr besorgt einen Notruf absetzte, da ihr Mann auch keine Stirnlampe dabei und kaum mehr Handy-Akku hatte.
Die Besatzung des Salzburger Notarzthubschraubers „Christophorus 6“ versuchte den in Bergnot Geratenen mit ihrem Scheinwerfer auf Sicht zu orten, konnte ihn aber nicht finden, weshalb dann die Salzburger Flugpolizei mit einer Wärmebild-Kamera losflog, den 37-Jährigen sofort entdeckte und seine genaue Position mit Video und Fotos dokumentierte, so dass die fünf Reichenhaller Bergretter, die bereits vom Pfarrerboden über die Südseite mit umfangreicher Ausrüstung zur Seilversicherung und medizinischen Erstversorgung aufgestiegen waren, ihn schließlich orten und gegen 21 Uhr erreichen konnten, wobei sie die letzten 150 Meter seilversichern mussten. Sie versorgten den Frierenden und Erschöpften windgeschützt in einem Überwurf-Wärmezelt, wobei sich sein Zustand nicht wirklich besserte und an einen seilgesicherten Abstieg aus eigener Kraft durch das ausgesetzte Gelände nicht zuletzt wegen der Knieschmerzen kaum zu denken war, weshalb der Abschnittsleiter dann einen nachflugtauglichen Heli mit Rettungswinde nachforderte. Bereits zuvor waren zehn weitere Bergretter der Bereitschaft Teisendorf-Anger über die Nordseite aufgestiegen, die gerade bei einer Übung an der Steiner Alm waren und ihre Reichenhaller Kameraden mit weiterer Ausrüstung für einen möglichen bodengebundenen Abtransport in der Trage unterstützten.
Alle bayerischen Polizeihubschrauber waren bereits bei der Münchner Sicherheitskonferenz gebunden und deshalb am Hochstaufen nicht verfügbar, weshalb die Leitstelle den Fresacher Notarzthubschrauber „RK1“ aus der Nähe von Villach in Kärnten organisierte, der gegen 21.45 Uhr von einem vorherigen Einsatz wieder frei war und gegen 22.30 Uhr am Hochstaufen ankam. Die Besatzung nahm den bereits versorgten und in einem Rettungssitz gesicherten 37-Jährigen mit der Winde auf und flog ihn zum Tallandeplatz am Flatscherreindl im Nonner Unterland, wo ihn die Heli-Notärztin kurz untersuchte und dann an die Krankenwagen-Besatzung des Reichenhaller Roten Kreuzes übergab, die ihn in die Kreisklinik Bad Reichenhall brachte. Die Bergwacht-Fußmannschaften bauten die Seilversicherungen zurück und stiegen alle zu Fuß ab, wobei die letzten Einsatzkräfte gegen 1.15 Uhr im Tal ankamen und der Einsatz gegen 2 Uhr beendet war.
Möglicher zweiter Einsatz
Kurios waren weitere Notrufe von Anwohnern aus dem Nonner Ober- und Unterland, die während der ersten Heli-Flüge nicht genauer lokalisierbare deutliche Hilferufe auf der Südseite zwischen Goldtropf und Fuderheuberg hörten, die Stirnlampen der Bergretter und die Helis sahen und angaben, dass die Einsatzkräfte ihrer Einschätzung nach viel zu hoch nach dem 37-Jährigen suchen würden. Die Bergwacht ging von einem möglichen zweiten Einsatz aus, schickte deshalb weitere drei Trupps mit insgesamt acht Bergrettern los, die mit Unterstützung durch die Wärmebild-Drohne des Technikbusses das weitläufige Bergwald-Gebiet absuchten und dann nach Rücksprache mit der Polizei die Suche nach guten eineinhalb Stunden einstellten, da die Hilferufe plötzlich zeitgleich verstummten, als ihre Kameraden gegen 21 Uhr den 37-Jährigen am Grat erreichten, der geländebedingt an seiner exponierten Position offensichtlich so gut im Tal zu hören war, dass sowohl die Anwohner als auch die Einsatzkräfte im Gelände lange Zeit dachten, er sei bereits viel tiefer abgestiegen.