Bergwacht Freilassing war in den beiden Pandemie-Ausnahme-Jahren durchschnittlich einmal pro Woche bei Notfällen gefordert

Vor drei Wochen durch Steinschlag bei Übung schwer verletzter Höhlenretter ist auf dem Weg der Besserung

FREILASSING (ml) – Die Bergwacht Freilassing hat bei ihrer Jahreshauptversammlung im Rathaussaal auf die beiden vergangenen durch die Pandemie bedingten Ausnahme-Jahre zurückgeblickt und langjährig aktive Mitglieder geehrt. Das Wichtigste vorab: Bereitschaftsleiter Guido Fick konnte erleichtert berichten, dass der bei einer Übung vor drei Wochen in der Reischlklamm bei Karlstein durch Steinschlag schwer verletzte Höhlenrettungskamerad (wir berichteten) mittlerweile auch aus der Klinik entlassen und zu Hause auf dem Weg der Besserung ist. Der Unfall führte der Öffentlichkeit eindringlich vor Augen, dass die Bergwacht fast immer in einer Umgebung unterwegs ist, in der es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auch völlig unerwartet gefährlich werden kann. Pro Woche mussten die Ehrenamtlichen 2020 und 2021 trotz der Lockdowns im Schnitt zu einem Einsatz ausrücken – gemeinsam mit den Bergwachten Bad Reichenhall und Teisendorf-Anger im Einsatzleitbereich Saalachtal und ab 2021 auch in den wieder geöffneten heimischen Skigebieten. Allein 2021 bei 31 Einsätzen, davon sechs am Götschen.

Fick, seine beiden Stellvertreter Herbert Berger und Markus Weilacher, Ausbildungsleiter Rudi Hiebl, Kassenwart Niko Magg, Höhlenrettungschef Hubert Mayer und Seeleinsee-Hüttenwart Thomas Läpple berichteten in ihren Rückblicken mit eindrucksvollen Fotos von zwei ausgewöhnlichen Jahren, in denen sie es trotz aller Schwierigkeiten immer geschafft haben, ihre Gemeinschaft zusammenzuhalten, den hohen Ausbildungsstand der Spezial-Einsatzkräfte zu erhalten, alle Einsätze abzuarbeiten, genug Spenden zur Deckung ihrer Ausgaben zu sammeln und neue Menschen für ihr ausgewöhnliches Ehrenamt zu begeistern.

Trotz der anhaltenden Ausnahme-Situation konnte sie Simon Winkler, Eva Bankosegger und Stefan Ortner als Anwärter aufnehmen, wobei Winkler bereits den Eignungstest Winter erfolgreich absolviert hat. Andi Graßl hat die Winterprüfung bestanden und ist damit aktive Einsatzkraft. Bene Aschauer hat die Eignungstests im Sommer und Winter absolviert, dazu Naturschutz und Notfallmedizin; nach der bestandenen Winterprüfung fehlt im jetzt noch die Sommerprüfung und der Grundlehrgang Flugrettung. Moritz Holzner hat die Eignungstests im Sommer und Winter absolviert, dazu Notfallmedizin.

Die Fördermitglieder der Bergwacht sind altersbedingt durch Todesfälle während der vergangenen Jahre immer weniger geworden; die Zahl der Einzelspenden war für Fick und sein Team aber zufriedenstellend, das rund ein Drittel der Kosten durch Spenden decken muss. 2020 und 2021 standen sich laut Kassenwart Niko Magg insgesamt jeweils 46.000 Euro an Ausgaben und Einnahmen gegenüber, von denen rund 12.000 Euro Spenden und 7.000 Euro Fördermitglieder-Beiträge sind. Die Revisoren Georg Wimmer und Simon Maier hatten die Buchführung geprüft.

„Wir sind froh, dass sich im Dienstbetrieb aufgrund des umsichtigen Verhaltens aller Beteiligten niemand mit dem Virus angesteckt hat“, betont Fick. 2020 kam der Ausbildungsbetrieb durch Corona fast komplett zum Erliegen, 2021 waren dann unter Auflagen auch wieder Präsenz-Fortbildungen möglich. Ausbildungsleiter Rudi Hiebl konnte nach den gelockerten Pandemie-Beschränkungen ab April mit insgesamt 31 Terminen mit reduzierter Teilnehmer Zahl und 2G plus wieder dafür sorgen, dass die Einsatzkräfte als Alpinisten und Retter für die Notfälle gut aus- und fortgebildet sind und trotz immer wieder auch riskanter Bedingungen niemandem im Einsatz etwas passiert ist. Viele Inhalte konnten vorab theoretisch über Online-Learning im Selbststudium vermittelt werden – zum Erhalt ihrer Heli-Flugberechtigungen mussten die Bergretter in die Halle nach Bad Tölz.

Für langjährigen ehrenamtlichen Bergwachtdienst ehrte Guido Fick mehrere Kameraden mit dem goldenen und silbernen Ehrenzeichen der Bergwacht Bayern: Horst Weilacher ist seit 65 Jahren in der Bergwacht, hat sein Wissen als Ausbilder an die Kameraden weitergegeben und war 16 Jahre lang Bereitschaftsleiter, wobei er maßgeblich an der Finanzierung und am Bau des Freilassinger Rotkreuz-Hauses mitgewirkt und das Notruf-Telefon an der Seeleinsee-Hütte von Kabel auf C-Netz umgestellt hat. Für jeweils ein halbes Jahrhundert ehrenamtlichen Bergwachtdienst zeichnete Fick den ehemaligen Kassenwart Kurt Rexer, Busfahrer Fritz Schwabe und Fahrzeugwart Klaus Kronawitter aus. Kassenwart Niko Magg ist seit einem Vierteljahrhundert aktiv. Seeleinsee-Hüttenwart Thomas Läpple leistet seit 40 Jahren ehrenamtlichen Dienst, davon einige Zeit als Ausbildungsleiter, wobei er als Hüttenwart umfangreiche Sanierungen an der Diensthütte realisiert hat.

Einsätze unter Tage gab es 2020 und 2021 keine, sie fordern im Ernstfall aufgrund ihrer Komplexität und Dauer häufig alles ab, was ein guter Alpinist und Notfallmediziner können muss, weshalb die Gruppe auch mit den benachbarten bayerischen und österreichischen Höhlenrettungsgruppen eng zusammenarbeitet und im Ernstfall mit weiteren Spezialisten wie dem Team des Technikbusses der Bergwacht Chiemgau kooperiert. Derzeit besteht die von Hubert Mayer geleitete Höhlenrettungsgruppe der Bergwacht-Region Chiemgau aus 15 aktiven Höhlenrettern und zwei Anwärtern; die Spezial-Einsatzkräfte kommen aus den Bereitschaften Freilassing (10), Berchtesgaden (3), Ramsau (1), Marquartstein (2), Bergen (1) und Bad Reichenhall (1). Unter ihnen sind drei Rettungsassistenten und zwei Rettungssanitäter zur Versorgung von Verletzten in der Höhle – darüber hinaus auch ein höhlentauglicher Notarzt. Zehn haben das Ausbildungsmodul 1 der Bergwacht Bayern absolviert, 13 auch das Modul 2. Zwei Retter haben darüber hinaus eine Spreng-Berechtigung zum Erweitern von Engpässen beim Patienten-Transport mit der Trage.

Die regelmäßige interne Ausbildung mit Übungen in den heimischen Höhlen und Schächten orientiert sich an den beiden offiziellen Modulen, wurde aber durch die Pandemie stark ausgebremst: 2021 fanden neben zwei Ausbildungsabenden nur vier Übungstouren in die Gutortenbrandhöhle (Schlenken), ins Eisenloch (Taugl), in die Adventhöhle (Müllnerhörndl) und ins Nixloch (Untersberg) statt, wo die Einsatzkräfte die Geisteinsbearbeitung, Transporttechniken (Gegenzug-Methode, Seilbahnen, Flaschenzüge und verschiedene Tragen-Systeme), das Biwak, die Orientierung unter Tage und ihr Können in der Handhabung von Abseilgeräten und Steigklemmen am Seil (Einseiltechnik) verbessern konnten. Sechs Retter durften auch an einer überregionalen Ausbildung in so genannten Karstschlotten in Sangerhausen im Südharz teilnehmen. Höhlenrettungen bedeuten immer eine Materialschlacht, extrem hohe Beanspruchung der Ausrüstung und viel Dreck: An 16 Tagen mussten die Ehrenamtlichen deshalb putzen und Ausrüstung sortieren, die in einem aktuell noch laufenden Umbau des Höhlenrettungsanhängers mit einem Regal für Kisten zukünftig noch besser eingesetzt werden kann.

Zahlreiche Ehrengäste lobten die Freilassinger Bergwacht für ihren unverzichtbaren Dienst und bedankten sich bei Guido Fick, Herbert Berger und Markus Weilacher für die gute Zusammenarbeit, darunter Freilassings zweiter Bürgermeister Josef Kapik, der Freilassinger Feuerwehrkommandant Rochus Häuslmann, der stellvertretende Vorsitzende des Ainringer Feuerwehrvereins, Daniel Mahr sowie Bereitschaftsleiter Robert Reiter und Bereitschaftsleiter-Stellvertreter Urs Strozynski von den Bergwachten Teisendorf-Anger und Bad Reichenhall.